Ägypten - Urlaubsland im Umbruch

Nach eineinhalb Jahren „Babypause“ ist es endlich wieder Zeit unseren Urlaub in Ägypten zu verbringen. Da mein Mann Ägypter ist und ich einige Jahre in Ägypten gelebt habe, zieht es uns nicht an die Badestrände des Roten Meeres, sondern ins Landesinnere.

Unsere erste Station ist Kairo – die Mutter der Welt, wie es in einem Märchen aus 1001 Nacht heißt. Hier möchte ich einige Bekannte und Freunde treffen.

Als Erstes treffen wir am Morgen unsere Geschäftspartnerin. Sie ist Muslimin und fastet an diesem Tag. Muslime fasten nicht nur im Ramadan, sondern auch an anderen bestimmten Tagen im Jahr. An den Fastentagen ist ihnen das Essen und Trinken von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang verboten. Natürlich bekommen wir als Gäste trotzdem etwas zum Trinken angeboten. Wir entscheiden uns für leckeren, süßen Limonen Saft. Unsere Unterhaltung dreht sich um die allgemeine wirtschaftliche Lage Ägyptens und besonders die Lage im Tourismus. Der Tourismus ist nach der Revolution 2011 dramatisch eingebrochen und hat sich bis heute noch nicht erholen können. Wir sind uns einig, dass der politische Umbruchsprozess wohl noch Jahre dauern wird und sich der Tourismus v.a. im Landesinneren nur dann nachhaltig erholen kann, wenn das Vertrauen in die Sicherheit im Land wiederhergestellt werden kann. Leider werden von den großen, internationalen Medien meist nur die schlechten Nachrichten weitergegeben; von positiven Entwicklungen berichten oft nur die ägyptischen Medien selbst.

Eine Stunde später treffen wir meine koptische Freundin. Vor einigen Jahren haben wir zusammen am Goethe-Institut gearbeitet und sind seitdem befreundet. Kontakt halten wir natürlich über Facebook. Auch sie fastet an diesem Tag – Anlass ist die bevorstehende Papstwahl. Zunächst werden dabei von einer 2500-köpfigen Versammlung geeignete Kandidaten gewählt. Aus den letzten drei Kandidaten wird dann der Papst durch Los bestimmt: ein Junge mit verbundenen Augen zieht aus einer Dose den Namen des zukünftigen Papstes. Mittlerweile ist die Wahl abgeschlossen: der neue Papst heißt Tawadros und hat das Amt in einer feierlichen Zeremonie übernommen.

Fasten bedeutet für meine Freundin normalerweise, dass sie auf tierische Produkte verzichtet, also auch auf Käse und andere Milchprodukte. Die orthodoxen Christen Ägyptens fasten an fast Zwei Drittel aller Tage im Jahr.

Auch mit meiner Freundin unterhalte ich mich über die Revolution und v.a. die Zeit danach. Sie meint, dass durch die Veränderungen seit 2011 der Blick auf die gesamte ägyptische Gesellschaft frei geworden ist mit all ihren Problemen. Als Beispiel nennt sie die „Bärtigen“, also die Salafisten (so bezeichnet man im Allgemeinen die Angehörigen einer extrem fundamentalistischen Strömung des Islam). „Plötzlich sehen wir sie auf den Straßen.“ sagt sie. Vor der Revolution gab es die Salafisten zwar auch, aber sie agierten eher im Verborgenen.

Um 17 Uhr wollen wir zum Sonnenuntergang auf dem Nil Felukka fahren. Für mich gehört die Fahrt auf den traditionellen ägyptischen Segelbooten seit langem zu einer Lieblingsbeschäftigung in Kairo. Man segelt auf dem Nil mitten im Herzen Kairos und kann sich fast in einer anderen Welt wähnen – während um einen herum das Kairoer Verkehrschaos tobt. Auf dem Nil treffen wir eine weitere Bekannte. Ich kenne sie bislang nur aus dem Internet – Ägypten verbindet. Sie war den ganzen Tag auf Besichtigungstour in Kairo und wundert sich über die wenigen Touristen vor Ort…. Unser Felukkafahrer aber ist guter Dinge: das Opferfest steht vor der Tür und mit ihm mehr einheimische Ausflügler. Außerdem konnte er mit meiner Mutter Euromünzen, die er als Trinkgeld erhalten hatte, in Euroscheine tauschen. Nun muss er nur noch die Scheine in Ägyptische Pfund umtauschen um von seinem Bakschisch profitieren zu können.

Der Weg zurück von der Anlegestelle in Downtown Kairo nach Zamalek, wo wir dieses Mal wohnen, kostet uns eine geschlagene Stunde. Das ist selbst für Kairoer Verhältnisse viel. Wir fahren dabei über den berühmten Tahrir-Platz, auf dem die Revolutionäre ausharrten um Mubarak in nur 18 Tagen aus dem Amt zu verjagen. An diesem Tag fließt der Verkehr wie vor der Revolution.

Oase Bahariya

Nach nur zwei Nächten in Kairo machen wir uns in Richtung Oase Bahariya auf, aus der mein Mann stammt und seine Familie lebt. Obwohl aufgrund der bevorstehenden Festtage eigentlich alle Minibusse ausgebucht sind, schafft mein Mann es einen Minibus samt Fahrer aufzutreiben, der uns in die Oase fährt. Auch sämtliche Bustickets sind aufgekauft und Resttickets nur noch auf dem Schwarzmarkt erhältlich, so dass wir meinen Schwager, der derzeit seinen Militärdienst in Kairo leistet, und unsere Nichte, die seit Kurzem in Kairo studiert (als erste Frau in der Familie!), mitnehmen. Auch ist es vor den Festtagen schwer einfach mal aufzutanken, aber unser Minibusfahrer hat vorgesorgt und ein paar Kanister Diesel in Reserve. Die Fahrt nach Bahariya ist heute besonders lang. Wir sind froh, als wir endlich Managim erreichen – den ersten grünen Flecken seit Kairo. Managim entstand für die Arbeiter der Eisenerzmine und deren Familien. Das Eisenerz wird hier nur abgebaut und dann mit dem Zug nach Helwan transportiert (südlich von Kairo).

Kurz hinter Managim fällt die Wüstenstraße steil ab in die Senke der Oase Bahariya. Bahariya erstreckt sich in nördlich-südlicher Richtung über fast 95km und in östlich-westlicher Richtung bis maximal 42km. Natürlich ist nicht die gesamte Fläche mit Vegetation bewachsen, sondern es gibt mehrere kleine Oasendörfer und dazwischen teils ausgedehnte Wüstenlandschaft. Wir fahren in den Hauptort der Oase – Bawiti. Dieser gleicht eher einer ägyptischen Kleinstadt und wirkt zugebenermaßen auf den ersten Blick vielleicht etwas trostlos. Vielen Reisenden gefällt es deshalb in Bahariya nicht so sehr, aber wenn man die Oase kennt oder sich die Zeit nimmt sie kennenzulernen entdeckt man viel Schönes.

Wir wollen jetzt aber erst einmal zur Familie und nach der herzlichen Begrüßung wird gegessen. Es gibt Gemüse, Reis und Fisch. Gegessen wird auf niedrigen Tischen. Dazu setzt man sich auf den Fußboden (wo man eigentlich sowieso immer sitzt – nur meine Mutter erhält während ihres Aufenthalts einen Plastikstuhl und fühlt sich darauf fast wie auf einem Thron). Alle essen aus den gleichen Schüsseln und als Besteck erhält man nur einen Löffel. Es schmeckt köstlich.

Während unseres Besuchs sind wir im Haus meiner Schwägerin untergebracht. Sie wohnt solange im Familienhaus – also bei meinen Schwiegereltern. Hier spielt sich alles Wichtige ab und auch wir werden in den nächsten beiden Wochen viel Zeit hier verbringen.

Das Familienleben hat sich durch die Revolution nicht verändert: alles ist wie vorher. Jede/r geht seinen Aufgaben nach und auch die Gesprächsthemen sind die gleichen. Es gibt nur eine Ausnahme und diese ist bemerkenswert: zum ersten Mal höre ich wie im Familienkreis über Politik geredet wird! Unter Mubarak gab es so etwas nicht! Jetzt gibt es unterschiedliche Meinungen und diese werden kontrovers diskutiert. Thema ist v.a. die Versorgungslage und dass diese unter Präsident Mursi noch schlechter geworden ist. Auch die Preise steigen ins Unermessliche. Doch welche Schuld trägt der Präsident daran? Tut er überhaupt irgendetwas um die Situation zu verbessern? Die Erwartungen an ihn sind hoch.

Wir haben unseren Urlaub so gelegt, dass wir zum Opferfest in Ägypten sind. Das Opferfest ist das wichtigste islamische Fest. Es erinnert an Abrahams Bereitschaft  das wichtigste und wertvollste – nämlich das Leben seines Sohnes Ismaels – Gott zu opfern. In Ägypten und vielen anderen muslimischen Ländern wird aus diesem Anlass ein Schaf o.ä. geschlachtet. Man verzehrt es aber nicht nur selbst sondern verteilt einen Teil des Fleisches an Arme und Bedürftige. Einige Familienmitglieder bezeichnen es scherzhaft als Eid Al Lahma (Fest des Fleisches). Der Tag beginnt für die Männer in der Oase mit dem gemeinsamen Moscheebesuch, danach kehren sie in ihre Familienhäuser zurück und es gibt ein großes, gemeinsames Frühstück. Es besteht schon aus Gemüse, Reis und Geflügel und ist für uns Deutsche doch eher ungewöhnlich. Erst dann werden die Tiere geschlachtet. Die Kinder ziehen von Haus zu Haus und wünschen „Frohes Fest“. Dabei sammeln sie Süßigkeiten und das ein oder andere Pfund. Viele werden zum Fest neu eingekleidet oder tragen ihre beste Kleidung. Die Frauen und Kinder schmücken ihre Hände mit Henna. Auch wir lassen uns die Hände mit Henna färben. Später am Nachmittag entfliehen wir dem Familientrubel, sitzen bei einer Freundin im Garten neben einer herrlich blühenden Bougainvillea auf dem Rasen und lassen es uns gut gehen…

Die Ägypter sind berühmt für ihre Gastfreundschaft. Aber in den Oasen der Westlichen Wüste hat Gastfreundschaft noch eine besondere Bedeutung, die sich aus der lebensfeindlichen Wüstenumgebung bedingt. Damit wir die meisten Einladungen, die wir erhalten, annehmen können, beginnen wir unser Besuchsprogramm schon nach ein paar Tagen. Bei jeder Einladung wird groß aufgekocht: es gibt Suppe, unterschiedliches Gemüse, Reis und Fleisch, Tee, Kuchen oder Obst. Als guter Gast sollte man von allem probieren und v.a. reichlich essen. Wir werden überall äußerst freundlich aufgenommen. Und obwohl es manchmal schon etwas gewöhnungsbedürftig ist, so „herumgereicht“ zu werden, genießen wir es auch verwöhnt zu werden.

Weiße Wüste, Farafra und Dachla

Zum ersten Mal nach meiner Rückkehr nach Deutschland hat meine Mutter entschieden, uns auf unserem Ägyptenurlaub zu begleiten. Es ist ihr 5. Mal in Ägypten. Auch für unseren Großen Adam ist es der 5. Ägyptenbesuch. Da wir meiner Mutter etwas Abwechslung bieten wollen, haben wir beschlossen eine kleine Oasentour zu unternehmen.

An einem Donnerstagvormittag geht es los. Wir verlassen Bawiti mit vollgepacktem Auto in südwestlicher Richtung. Als erstes kommen wir durch die Schwarze Wüste. Hier prägen schwarze Zeugenberge die Landschaft, welche vor Millionen von Jahren durch vulkanische Aktivitäten entstanden ist. Wir erklimmen einen Berg  und genießen die Aussicht auf die Wüste und die Oasendörfer von El Heiz. Auf der Asphaltstraße geht es dann in Richtung Oase Farafra weiter. Etwa 40km vor Farafra biegen wir rechts ab und fahren in die Westliche Weiße Wüste, einen etwas weniger besuchten Teil des Nationalparks Weiße Wüste. Die Landschaft wird durch Kalkstein- und Kreidefelsen geprägt. Entstanden ist die Weiße Wüste aus den Überresten mikroskopisch kleiner Meeresbewohner, deren Lebensraum sich hier vor etwa 80 Millionen Jahren befand. Nach dem Verschwinden des Meeres sorgten Winde für die Ausprägung der heutigen Felsen.   

Heute sehen wir unzählige Fußspuren. Nur wenige Tage vorher war das Opferfest, welches jährlich hunderte Besucher aus Kairo (Ägypter und Ausländer, die in Kairo leben) in die Weiße Wüste lockt. In Bahariya gab es daher über die Festtage keinen Jeep und keinen Fremdenführer, der nicht in der Wüste unterwegs gewesen wäre. Kein Wunder also, dass es keinen Sprit mehr gibt. Abgesehen von den Fußspuren gibt es aber kaum andere Wüstenreisende. Wir sind etwas spät dran und mein Mann schlägt in Nullkommanix unser Lager in traumhafter Umgebung auf und bereitet unser Abendessen zu. Er kocht Kartoffelgemüse, Reis und grillt Hühnchen über dem Lagerfeuer. Während mein Mann noch kocht, geht der Mond wie ein orangeroter Feuerball über der Weißen Wüste auf. Ein fast magischer Moment… Nach dem Essen, als unsere Kinder und meine Mutter schon schlafen, bekommen wir Gesellschaft. Ein junger Wüstenfuchs schleicht um unser Lager auf der Suche nach Essbarem. Wir schalten das Licht aus und beobachten wie der Fuchs unsere Essensreste, die mein Mann vorsorglich etwas abseits des Lagers für ihn hingelegt hat, nach und nach davonträgt…. Obwohl es tagsüber noch mehr als 30°C hatte, kühlt es nachts extrem ab. Wir messen am Morgen im Zelt genau 12,3°C. Gut, dass wir uns warm eingepackt hatten.

Nach unserem Frühstück verlassen wir mit dem Jeep die Weiße Wüste und fahren über Farafra auf der Asphaltstraße in die Oase Dachla. Dachla ist herrlich! Es ist wohl die grünste Oase der Westlichen Wüste und für mich die landschaftlich schönste. Dass das Grün der Palmen, Bäume und Felder hier satter wirkt als in den anderen Oasen liegt an dem Boden: in den anderen Oasen gibt es überwiegend Sandboden, hier gibt es Lehmboden. Auch die Kühe sind zahlreicher und fetter und wenn die Sonne untergeht, fahren die Bauern mit ihren Eselskarren von den Feldern nach Hause.

Nach unserer Ankunft fahren wir zuerst ins Tourist Rest House in El Qasr und essen zu Mittag. Natürlich gibt es auch hier Fleisch. Danach wollen wir uns im Hotel frisch machen. Wir fahren ins Badawiya Dakhla, ein wunderschönes, kleines Hotel. Die Zimmer gruppieren sich um einen Felsen und von jedem Zimmer hat man einen traumhaften Ausblick auf die Felder der Oase und den Steilabfall im Hintergrund. Außer uns ist noch eine kleine Reisegruppe im Hotel untergebracht. Damit ist das Hotel nicht einmal zu 10% ausgelastet – mitten in der Saison. Nach unserer verspäteten Mittagspause geht es am späten Nachmittag noch in die Altstadt von El Qasr, die unter Denkmalschutz steht und als Museumsdorf erhalten bleiben soll. Unser Führer durch die engen Gassen wird von seinen beiden Töchtern begleitet. Sie sind etwas älter als unser Großer Adam und das ganze mutiert zum Familienausflug. Bei Umm Gianna, die sich einen kleinen Laden in einem der alten Häuser eingerichtet hat, kaufen wir einen Strohhut, ein Tablett und einen kleinen Korb. Alles ist aus trockenen Palmenblättern geflochten. Während es die Tabletts und Körbe in ähnlicher Ausführung auch in den anderen Oasen gibt, sind die Hüte einmalig in Ägypten. Als wir gehen wollen, möchte uns unser Führer noch zum Abendessen einladen. Da wir bereits im Hotel zum Abendessen erwartet werden, lehnen wir die ernstgemeinste Einladung dankend ab. Bevor wir ins Hotel zurückkehren, fahren wir mit dem Jeep noch durch das abendliche Dachla. Den Tag lassen wir, nachdem die Kinder schlafen, auf unserer Terrasse gemütlich ausklingen.

Am nächsten Tag fahren wir nach Balat, welches im Westen Dachla’s liegt, denn wir wollen die Gräberanlage Qila el Daba besichtigen. Hier wurden während des Alten Reiches die Gouverneure der Oase begraben. Die schiere Größe der Mastabas weist darauf hin, dass die Oase während dieser Zeit  bedeutend gewesen sein muss. Die Mastaba des Khentika stammt aus der 6. Dynastie und wurde aufgeschnitten, so dass man deren Aufbau besser nachvollziehen kann. Auch das Grab des Betju ist sehenswert. Danach wollen wir uns ansehen, wo diese Gouverneure früher gelebt haben und fahren nach Ain Asil weiter, den Überresten des Hauptortes der Oase während dieser Zeit. Nur ein paar Mauern sind übrig und Scherben von unzähligen Tonkrügen.

Zum Mittagessen wurden wir von einem Bekannten meines Mannes eingeladen und fahren zum Magic Spring, einer wunderschönen natürlichen Quelle. Das Wasser sprudelt auf natürlichem Wege an die Oberfläche, ist angenehm warm und man fühlt sich wie im Whirlpool. Unsere Kinder genießen das Bad in der Quelle. Auch einen kleinen See gibt es in der Nähe.

Nach der Mittagspause fahren wir durch das östliche Dachla. Die Sonne senkt sich bereits und es entsteht ein wahrlich magisches Licht, welches die Felsen des Steilabfalls trifft und diese aussehen lässt als würden sie strahlen…. Wir können uns kaum satt sehen.

Kurz nach Sonnenuntergang erreichen wir Abu Munqar. Ein Bekannter meines Mannes – ein Beduine aus der Oase Dachla – errichtet hier zusammen mit einem Spanier, der schon mehrere Jahre in Dachla lebt, ein neues Rasthaus. Hinter dem Rasthaus beginnt das Große Sandmeer und ich frage mich, wie es wohl wäre, hier einfach das Nachtlager aufzuschlagen. Wir wollen aber heute noch nach Farafra fahren und so brechen wir nach dem obligatorischen Tee wieder auf. Um 19 Uhr – pünktlich zur Abendessenszeit – kommen wir in unserem Hotel, dem Badawiya Farafra, an. Es ist zwar schon etwas in die Jahre gekommen, aber liebevoll eingerichtet. Unsere Zimmer sind riesig. Neben dem Schlafzimmer mit zwei Einzelbetten, die so groß sind wie Doppelbetten, und über denen jeweils ein großes Moskitonetz hängt, gibt es noch eine Art Wohnzimmer. Der Wohnzimmertisch aus Aprikosenholz, der offene Kamin (für kalte Wintertage) und der originale Kamelsattel verleihen den Zimmern einen unvergleichlichen Wüstencharme. Auch das Abendessen ist etwas ausgefallener als sonst üblich. Zur Begrüßung gibt es einen „Oasencocktail“ aus Karkade, Limonen- und Orangensaft.

Am Abend wollen wir noch zu Badr fahren. Badr ist der wohl bekannteste Künstler in der Westlichen Wüste. Er fertigt Bilder aus Wasserfarben, Sandbilder und Skulpturen. Ich möchte ein Bild für mein neues Büro. Als wir ankommen ist das Museum schon geschlossen, aber mein Mann hat die Nummer von Mr. Socks, der die Stellung hält, wenn Badr verhindert ist. Mr. Socks erklärt uns, wie wir trotz verschlossener Türen ins Museum kommen und ist wenige Minuten später selbst vor Ort. Wir haben die Zeit schon genutzt und uns ein Bild ausgesucht. Mein Mann fragt Mr. Socks noch nach Diesel für unseren Jeep und da vor der Tankstelle eine lange Schlange steht, schenkt uns Mr. Socks einfach einen Kanister Diesel aus seinem Vorrat.

Am nächsten Tag wollen wir zurück in die Oase Bahariya fahren, aber nicht auf der Straße sondern offroad durch die Wüste. Wir haben Glück: das Wetter ist völlig ungewöhnlich und eine Wolkendecke hindert die Sonne daran uns ihre ganze Kraft zu zeigen. Sogar ein paar Regentropfen spürt meine Mutter. Die Stimmung in der Wüste ist heute irgendwie surreal...

Am Nachmittag treffen wir wieder in der Oase Bahariya ein. Natürlich fahren wir auch jetzt zuerst zur Familie. Alle freuen sich uns wiederzusehen. Nach unserer kleinen Oasentour bleiben uns nur noch wenige Tage in Ägypten. Die Tage verbringen wir wieder hauptsächlich bei der Familie und verschiedenen Einladungen. Unser Großer möchte unbedingt noch eine Flasche Wüstensand mit nach Deutschland nehmen und so fahren wir in die Dünen in der Nähe des Gebel Dist, wo früher riesige Dinosaurier übers Land zogen, und füllen zwei Flaschen voll mit Sand. Ich dagegen möchte unbedingt noch ein Bild von Mahmoud Eid, dem Künstler der Oase Bahariya. Die Arbeiten von Mahmoud Eid haben vielleicht nicht den gleichen künstlerischen Anspruch wie die seines berühmten Kollegen aus Farafra, aber ich mag sie sehr gerne. In seinem Oasis Heritage Museum am Ortseingang von Bawiti hat er Alltagsgegenstände aus der jüngeren Vergangenheit der Oase gesammelt und stellt mit Hilfe von selbstgefertigten Lehmfiguren Alltagsszenen lebendig dar. Für seine Bilder verwendet er anders als Badr nicht nur Sand sondern auch Lehm und diese wirken somit dreidimensional. Ich habe mir das Bild einer Oasenfrau ausgesucht.

Obwohl wir uns auf Deutschland freuen, fällt uns der Abschied auch dieses Mal schwer. Unsere Kinder hatten sich nach wenigen Tagen eingelebt und fühlten sich schon fast wie zuhause. Die Herzlichkeit und Gastfreundschaft aller Ägypter, der wir auf dieser Reise begegnet sind, waren unbeschreiblich und wir haben uns nicht einen Moment auf unserer Reise unsicher oder unwohl gefühlt.

Ägypten hat sicherlich noch einige politische Turbulenzen vor sich, aber die Ägypter sind trotz Revolution und noch größeren Alltagsproblemen aufgrund der Versorgungslage und den steigenden Preisen nicht weniger freundlich. Sie verdienen unsere Unterstützung und Solidarität.