Die Westliche oder Libysche Wüste erstreckt sich westlich des Nils bis an die Grenzen Ägyptens und geht in die Wüstengebiete Libyens, des Sudan und Tschad über. Ihre Vielfalt umfasst neben dem Großen Sandmeer mit hohen und weiten Dünenketten, die das Bild "Wüste" in unseren Köpfen prägen, auch Geröll- und Steinwüste bis hin zur einzigartigen Weißen Wüste.
Der Name Libysche Wüste geht auf das Altertum zurück, in dem man alle Gebiete westlich des Nils als Libysche Wüste bezeichnete und deren Bewohner Libyer. Da die Bezeichnung als Libysche Wüste in Ägypten selbst sehr unpopulär ist und die Bewohner der Wüste ihre Heimat Besuchern gegenüber Western Desert, also Westliche Wüste nennen, wollen wir diesen Namen verwenden. Zudem beziehen wir uns hier nur auf den Teil der Libyschen Wüste, der in Ägypten liegt. Im Arabischen nennen die Bewohner ihre Heimat übrigens schlicht Wüste (arabisch: الصحراء "Al Sahara") und benennen nur bestimme Gebiete darin genauer.
Die Westliche Wüste Ägyptens bildet den östlichsten Ausläufer der Sahara, welche die größte Trockenwüste der Welt ist. Sie macht etwa Zwei Drittel der ägyptischen Staatsfläche aus und gliedert sich in verschiedene Plateaus und Depressionen.
Die größten Senken der Westlichen Wüste sind die Qattara-Senke sowie die Depressionen der Oasen Siwa, Bahariya, Farafra, Dachla und Kharga, wobei die letzteren vier zwar niedriger sind als die Umgebung aber höher als der Meeresspiegel liegen. Das Fayoum stellt einen Sonderfall dar: als der Nil noch höher floss, war es durch einen Seitenarm mit ihm verbunden. Daher zählt es streng genommen nicht mehr zur Westlichen Wüste sondern zum Niltal. Dies gilt umso mehr als dass es noch heute durch den Bahr Yussuf Kanal mit dem Nil verbunden ist.
Die Wüstensenken entstanden durch komplexe Erosionsprozesse, in denen das weichere Gestein abgetragen wurde. Härtere Gesteinsschichten blieben erhalten und bilden die sog. Zeugenberge, die in einigen Senken zahlreich zu finden sind.
Die Schwarze und die weltbekannte Weiße Wüste liegen in den Senken der Oase Bahariya bzw. Farafra.
Das Große Sandmeer, dass sich im äußersten Westen des Landes erstreckt bildet mit seinen 114.000qm die größte zusammenhängende Sandwüste Ägyptens; die Wanderdüne Abu Muharrik ist mit 500km Länge die längste Düne Ägyptens.
Im Südwesten Ägyptens befindet sich das Gilf El Kebir Plateau. In der Feuchtphase vor etwa 10.000 Jahren gab es hier eine ausgedehnte Savannenlandschaft. Nomaden lebten hier, jagten Wild und hielten Viehherden. Steinwerkzeuge und Felsbilder, wie in der sog. "Höhle der Schwimmer" im Wadi Sura und der Foggini-Mestekawi-Höhle, die erst 2002 entdeckt wurde, zeugen noch heute von dieser Zeit. Das Gilf El Kebir Plateau erstreckt sich über ca. 15.700qm.
Noch weiter im Südwesten liegt der Gebel Uwainat. Er steigt bis auf 1934m an; allerdings liegt nur der nordöstlichste Teil noch in Ägypten. Der westliche Teil liegt auf libyschem Staatsgebiet, der südöstliche auf sudanesischem. Nur der Eingang zum Karkur Talh, dem bekanntesten Tal des Gebels Uwainat, befindet sich noch auf ägyptischem Staatsgebiet!
Einige Gebiete der Westlichen Wüste sind besonders geschützt und wurden zwischenzeitlich von der ägyptischen Regierung zum Nationalpark erklärt. Es handelt sich dabei um: Nationalpark Siwa (Westliche Oasen, Bir Wahed, Östliche Oasen Areg und Bahrein sowie der westliche Teil der Qattara-Senke), Nationalpark Wadi Rayan (inkl. Wadi Hitan) und Nationalpark Qarun im Fayoum, Nationalpark Schwarze Wüste (in der Senke der Oase Bahariya, seit 2010), Nationalpark Weiße Wüste (seit 2002) und Nationalpark Gilf El Kebir (seit 2007).
Bedeutung der Westlichen Wüste
Die Bedeutung der Westlichen Wüste als Natur- und Kulturraum kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die ältesten bei Bohrungen entdeckten marinen Fossilien stammen aus dem Kambrium - aus einer Zeit vor 500 Millionen Jahren!
In der Kreidezeit zogen riesige Dinosaurier in einem mangrovenwaldähnlichen Ökosytem umher - das Skelett des weltweit zweitgrößten Dinosauriers wurde in der Senke der Oase Bahariya gefunden. Ein weiterer Dinosaurier erhielt sogar den Namen Bahariasaurus.
Im Wadi Hitan - dem Tal der Wale - fand man die Überreste des Basilosaurus - anhand dessen Fossilien sich die Abstammung der Wale von Landtieren nachweisen lässt! Konsequenterweise zählt daher das Wadi Hitan im Nationalpark Wadi Rayan im Fayoum seit 2005 zum UNESCO-Weltnaturerbe.
Erste Belege menschlicher Besiedlung finden sich aus dem Altpaläolithikum - vor etwa 300.000 Jahren.
Vor mehreren Tausend Jahren entstanden die Felszeichnungen und Felsgravuren im Gilf El Kebir. Auch zahlreiche Funde verschiedener Werkzeuge belegen die Besiedlung der Westlichen Wüste während des Neolithikums: aus den Jägern und Sammlern der Altsteinzeit wurden während der Jungsteinzeit Ackerbauer und Viehzüchter.
Ab etwa 3500 Jahren vor Christus wurde die Westliche Wüste langsam so trocken und lebensfeindlich wie wir sie heute kennen. Die Menschen verließen die Wüste und siedelten in den Oasen und an den Ufern des Nils, wo sich die erste Hochkultur der menschlichen Geschichte - das Alte Ägypten - entwickelte.
Reisen in die Westliche Wüste
Da die Sommer in der Westlichen Wüste sehr heiß sind (45°C im Schatten sind keine Seltenheit), ist die beste Reisezeit von Oktober bis April. In den Wintermonaten Dezember und Januar kann es nachts bis zum Gefrierpunkt abkühlen. Die Sonnenstrahlen sind auch im Winter sehr intensiv, so dass Reisende darauf achten sollten, ausreichend zu trinken und sich vor der Sonne zu schützen.
Nicht alle Gebiete der Westlichen Wüste sind frei zugänglich. Reisende können sich derzeit entlang der Oasenstraße Bahariya, Farafra, Dachla und Kharga, sowie östlich davon ohne Begleitschutz bewegen. Auch die Oase Siwa ist frei zugänglich. Allerdings benötigt man für Ausflüge in die nähere Umgebung Siwas sowie die Fahrt von Siwa nach Bahariya schon wieder ein Tasrih (= Genehmigung vom Militär). Bei längeren Fahrten ist die Begleitung durch einen Offizier des Militärs vorgeschrieben.
Für Fahrten westlich der Oasenstraße und südlich des 27. Breitengrades (etwa Höhe der Oase Farafra) ist außerdem die Begleitung durch einen Jeep mit Touristenpolizei obligatorisch. Für Fahrten südlich des 23. Breitengrades sind zwei Geländewagen mit Touristenpolizei als Begleitung vorgeschrieben. Reisen in die beiden letztgenannten Gebiete bieten wir zur Zeit aus Sicherheitsgründen nicht an.
Auf den folgenden Seiten wollen wir Ihnen nun die Oasen und interessanten Gebiete der Westlichen Wüste etwas genauer vorstellen. Dabei handelt es sich um keine abschließende Liste sondern nur um eine Auswahl, die in den nächsten Wochen und Monaten noch erweitert werden wird.